Überblick
Die Geschichte des Nationalsozialismus prägt und wirkt sich auf das heutige individuelle Erleben aus. Diese Vergangenheiten haben wir nicht selbst erlebt, aber sie können ihre Wirkmacht in uns und in unserer Wahrnehmung der Gegenwart auf zwei Ebenen entfalten: gesellschaftlich und familienbiografisch. Als Individuum sind Sie in diese gesellschaftlichen und familiären Verhältnisse eingebettet. Diese Verhältnisse können sich in komplexen, intransparenten und teilweise hochemotionalen Erzählungen ausdrücken. Dieses emotionale Erbe des Nationalsozialismus wird Gefühlserbschaften genannt (Chernivsky 2015).
Was für Erzählungen, die die Gesamtgesellschaft betreffen und prägen, gehören dazu? In der deutschen Gesellschaft gibt es viele Erzählungen zum NS und zur Shoah, zu Helfer*innen, Opfern und Täter*innen. Diese Erzählungen müssen nicht öffentlich ausgehandelt worden sein, sondern können sich auch informell entwickelt und tradiert haben, was ihre Bedeutung für gesellschaftliches Zusammenleben aber nicht mindert.
Zwei dieser Erzählungen sollen auf den folgenden Seiten vorgestellt werden:
- Die These der Kollektiven Unschuld
- Deutsche Erinnerungskultur zwischen Opfergedenken und ausgesparter Täterschaft